Freitag, 4. Juli 2014
108
ANNA TO GO

Ein dramatisches Lustspiel.

Ein Zimmer. Eine Frau steigt aus einem Bett im Hintergrund. Leise Musik

"Was ich mache? Nach was sieht denn das aus?"
"....."
"Genau, ich ziehe mich an."
"....."
"Natürlich ist das mein Ernst, was glaubst du denn?"
"....."
"Wie warum? Soll ich etwa so auf die Strasse, du Spasskeks? Wo ist denn meine Bluse?"
"....."
"Danke. Weil ich zum Abendessen zu Hause sein will."
"....."
"Mit uns? Nö jetzt, oder? Hast du das wirklich geglaubt?"
"....."
"Wie naiv bist du denn? Das hättest du dir doch denken können, war doch von Anfang an klar"
"....."
"Dir nicht? Aber mir schon!"
"....."
"Jetzt hör mal. Nur weil du einmal mit mir gevögelt hast, heisst noch lange nicht, dass das jetzt zur Gewohnheit wird."
"....."
"Weil du einen geilen Arsch hast und auch sonst...und ich Lust dazu hatte."
"....."
"Wie, wenn du das vorher gewusst hättest? Darf ich lachen? Das hätte dich doch nicht abgehalten, mich zu bespringen. Für wie dumm hältst du mich?"
"....."
"Du bist nicht so?"
"....."
"Dann hast du jetzt eben Mal Pech gehabt.
"....."
"Du fühlst dich ausgenutzt? Ich glaube mein Hamster bohnert. Sieh es mal locker. Du hattest deinen Spass, ich hatte meinen. Deal?"
"....."
"Und ich habe nicht gesagt, dass du schlecht warst. obwohl..."
"....."
"Ich meinte, dass man da einiges noch besser machen könnte"
"....."
"Och, hast du jetzt einen Kratzer in deinem Ego?"
"....."
"Vergiss es, nicht mit mir. Das wird nichts mit uns. Darüber müssen wir nicht reden."
"....."
"Ich weiss, dass ich klasse bin, aber so bekommst du mich auch nicht rum. Hast du meine Tasche mit den Badesachen gesehen?"
"....."
"Ach ja, hätte ich mir ja denken können."
"....."
"Mach dir keinen Stress. Ich weiss wo es nach draussen geht."

Die Frau verlässt das Zimmer.

Der Vorhang fällt.

Ich habe gelernt, wann es Zeit ist zu gehen. Und ich verletze, wenn es sein muss. So wie man mich verletzt hat. Auge um Auge...
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Donnerstag, 3. Juli 2014
107
Der melancholisch-trüben Stimmung der letzten Tage zum Trotz, lasse ich die abends bereit gelegten Klamotten liegen. Ich muss mich ablenken. Dringend. Ich ziehe die beigen Shorts aus dem Schrank, kremple die Beine soweit es geht hoch. Schwarzer Spitzen-BH und eine weisse Bluse, offen und nur unter der Brust verknotet. Dazu gönne ich mir einen Pferdeschwanz, 8cm Pumps und dezent Schminke. Und dem Mädchen, dass mich ungläubig aus dem Spiegel heraus anstarrt, strecke ich die Zunge heraus. Ätsch. Nur Bücken darf ich mich nicht. Ohne Slip ergäbe das einen Blick in unendliche Tiefen. Und den Slip lasse ihn nur deswegen weg, weil er sich nicht mit den Shorts verträgt und immer neugierig aus dem Bund herausschauen muss. Deswegen sind die Shorts auch praktisch ungetragen.
Als ich die Treppe hinab stöckele verstummt das Gespräch in der Küche. Schlagartig. Alle sind schon anwesend. Sis bekommt sich als erstes wieder ein. "Dafür würden die meisten Kerle töten." Ich schenke ihr einen dankbaren Augenaufschlag, als Dad mich fragt, in welchem Fach ich denn so schlecht stehen würde, dass ich ...weiter traut er sich nicht, als ich ihm in die Augen sehe. Nur Mom sagt nichts, geht aus der Küche, und kommt kurz darauf mit einem schwarzen Blazer wieder. Eines ihrer Lieblingsstücke. Es muss ernst sein. "Morgens ist es noch kühl draussen..."
Nach den ersten 100 Metern verfluche ich die Idee mit ohne Slip. Die leichte Reibung der Shorts zwischen meinen Beinen...als ich endlich die Schule erreiche bin ich rollig wie ein Kätzchen. Dafür entschädigen die entgleisten Gesichtszüge so einiger Personen. Und ich bin froh dass ich die nächsten 2 Stunden sitzen kann. Ein Fall von Selbsttäuschung. Herr M. ruft mich so oft wie im gesamten Schuljahr noch nicht an die Tafel.
In der ersten Pause umarmt mich B. dann um einiges länger als sonst, flüstert mir ein "Rattenscharf" ins Ohr und haucht mir einen Kuss auf selbiges. In mir kribbelt alles. Dann stupst sie mich in den Nabel und flötet: "Kommst du nachher noch mit zu mir?" Ich erspare mir die Antwort. Frau muss nehmen was sie bekommt. Zumindest jetzt...

Als ich mich abends auf den Heimweg mache sind meine Hormone wieder einigermassen ruhiggestellt. Aber auf Dauer ist das keine Lösung. Und ich greife zu meiner ToDo-Liste. Ein neuer Punkt. Ganz oben.
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Mittwoch, 2. Juli 2014
106
Wenn deine Hand zufällig ihren Arm streift und sie diese Gänsehaut bekommt.
Wenn ein Blick von dir ihre Welt still stehen lässt.
Wenn sie deinen Atem spürt und es bis in ihre Haarspitzen kribbelt.
Wenn sie in deinen Augen versinken könnte.
Wenn sie deine Nähe die Menschen um sie herum vergessen lässt.
Wenn du deinen Arm um sie legst, und sie glaubt zu schweben.
Wenn du diesen Ton triffst, der alles in ihr zum schwingen bringt.
Wenn ein einziges Wort von dir ihr ein Lächeln auf die Lippen zaubert.
Und sie sich fragt warum du diese Lippen nicht küsst.

Dann, und nur dann, hast du ihr Herz berührt.

attendant encore...Anne
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105
Du warst immer die ruhigere von uns Beiden. Bedächtig, immer genau überlegend, nichts überhastet, nichts dem Zufall überlassend. Während ich immer etwas wilder war, manchmal unüberlegt gehandelt habe. Aber wir haben uns wunderbar ergänzt. Wie zwei Teile eines Puzzles. Und du warst immer für mich da. Wenn ich mal wieder Mist gebaut hatte. Oder wenn ich mich nur ausheulen wollte. An deiner schmalen Schulter.

Und dann sitze ich im Gras, die Bluse nass. Rotes Nass. Blutrotes Nass. Dein Blut. Klebt an mir. Der Tod zeigt seine grässliche Fratze. Nicht wie ich es aus Filmen, von Fotos kenne. Keine schlafende Schönheit. Bilder die sich einbrennen.

Es ist dein 15. Geburtstag. Unser 15. Geburtstag.

Tage später bekomme ich deine Uhr. Das Glas zersplittert. Um 15:37 ist sie stehen geblieben.

Begreifen werde ich es nie.
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