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Als der Wecker um 6:15 klingelt stehe ich neben mir. Es ist Sonntag, was zur Hölle...bis es mir langsam dämmert. Es ist eine Schwachsinnsidee, Anna. Trotzdem quäle ich mich ins Bad. Wasser ins Gesicht, mit der Bürste durch die Haare. Offen oder Haargummi? Ich entscheide mich für offen. Die Klamotten liegen bereit. Alles frisch gewaschen. Wie das blühende Leben werde ich trotzdem nicht durch die Tür joggen. Ich könnte auch zum Telefon greifen, aber warum einfach...Ich habe Glück, noch keine Brötchen. Und ich laufe langsam den Gehsteig entlang. Aus der Richtung müsste das Auto kommen. Nach 400 Schritten mache ich halt. Ein paar Lockerungsübungen und zurück. Nicht zu schnell. Und vor allem nicht schwitzen. Dann siehst du aus wie ein lebender Leichnam. Nächster Halt Gartentor. Und das Ganze von vorne. Ich mache mich hier eindeutig zum Narren. Hoffentlich beobachtet mich niemand. Zwischendrin fällt mir ein, dass ich mein Handy ja hätte mitnehmen können. Lässig an die Mauer gelehnt hätte das einige Minuten gebracht. Und ich hätte die Bäckerei anrufen können. Es ist inzwischen 6:45 und noch keine Brötchen! Als ich zum sechsten oder siebten Mal meinen Wendepunkt erreiche und mich umdrehe steht ein Auto vor dem Tor. Scheisse, es kam von der anderen Seite. Ich setze zum Endspurt an, vielleicht...was sich da aus dem Auto quält geht auf die Rente zu und hat Titten. Ich könnte mir wohin beissen. Aber mein Brötchen ist wenigstens noch warm.

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